Roman "Beutewelt IV - Die Gegenrevolution" (Leseprobe)

Beutewelt IV (S. 45-48)


Frank und Alfred waren schon frühmorgens von Orsa aus mit dem PKW nach Smolensk gefahren und hatten sich im Süden der Stadt mit einigen Hundert Mitstreitern zusammengetan. Mittlerweile war es schon 11.00 Uhr und immer mehr Anhänger Tschistokjows kamen von überall her.

Die Männer schlossen sich einige Straßen weiter einem größeren Pulk von Mitstreitern an. Dann zogen sie fahnenschwenkend und singend in Richtung Innenstadt, wo noch mehr Rus auf sie warteten.

Zwischendurch strömten Hunderte von Bürgern aus ihren Häusern und reihten sich ebenfalls unter lautem Jubel in den Demonstrationszug ein. Nach zwei Stunden waren sie vollständig und Tschistokjow begrüßte seine etwa 30000 begeisterten Anhänger.

Bis zum Stadtzentrum von Smolensk war es nun nicht mehr weit. Dort hatte sich eine riesige Menschenmenge, die Polizei sprach von über 100000 Leuten, zur Massenkundgebung der Kollektivisten eingefunden.

Polizeihubschrauber kreisten über ihren Köpfen und filmten derweil das Geschehen. Schon bei der Anreise nach Smolensk hatte es Schlägereien zwischen Kollektivisten und Rus in den Zugabteilen und an den Bahnhöfen gegeben. Drei Leute Tschistokjows waren am Südbahnhof der Stadt von einer vermummten Horde ihrer politischen Gegner überfallen und niedergestochen worden.

Eine Atmosphäre der Gewalt und des Hasses hatte sich bereits in den Mittagsstunden über die Stadt gelegt und Frank erwartete für den heutigen Tag das Schlimmste.

„Was tun wir  jetzt? Der große  Platz in der Innenstadt,  der Mesto Tschelabeki, ist voll von Kollektivisten! Die sind viel mehr als wir. Dieser Uljanin hält dort heute eine Rede!“, erklärte Kohlhaas und sein Herz hämmerte vor Aufregung.
Artur Tschistokjow sah ihn grimmig an und knurrte auf Deutsch: „Ja, ich weiß. Diese Schweine haben von unser Demonstration gewusst. Wir ziehen durch die Nowaja Uliza bis zu Mesto Smolenski – dort ich halte dann meine Rede!“

„Du willst direkt an Uljanin und der riesigen Masse unserer Gegner vorbeiziehen? Die Nowaja Uliza und den Mesto Tschelabeki trennen gerade einmal zwei Straßen. Die können uns vermutlich sogar sehen!“, sagte Frank und hielt Tschistokjow den elektronischen Stadtplan von Smolensk auf seinem DC-Stick unter die Nase.
Der Anführer der Freiheitsbewegung der Rus nickte nur und erwiderte: „Wir dürfen kein Angst haben, Frank!“
Sie warteten noch eine halbe Stunde auf einige Nachzügler. Schließlich gab Frank den Ordnertrupps widerwillig und verstört den Befehl zum Vorrücken. Die Masse von 30000 Menschen folgte.

„Arbeiter kommt zu Artur Tschistokjow!“, brüllten die Demonstrierenden aus voller Kehle. Der gewaltige Menschenwurm schlängelte sich langsam durch die Straßen und bog bald darauf in die Nowaja Uliza ein.

Frank hörte das Donnern von Uljanins Stimme in einiger Entfernung, wenig später tauchten schon die ersten Kollektivisten und Polizisten auf. Sofort warfen sich beide Seiten wüste Beschimpfungen entgegen, während sich immer mehr Menschen dem Demonstrationszug der Rus näherten.

Frank nahm sein Gewehr von der Schulter und die anderen Ordner taten es ihm gleich. Auch Alf sah sich nervös um und lud seine Waffe durch. Die Anhänger Uljanins versammelten sich mittlerweile um sie herum und brüllten „Arbeiterverräter!“ und „Ausbeuterknechte!“

Dann ging es von einer Sekunde auf die andere los. Hunderte von Kollektivisten versperrten den Rus die Straße und ein Hagel von Wurfgeschossen ging auf Tschistokjows Anhänger hernieder. Frank zog hastig den Kopf ein und setzte seinen Helm auf. Irgendwo hörte er einen Schuss, dann brach ein wildes Chaos aus.

Einige Dutzend Männer des KKG eröffneten das Feuer aus einer Nebenstraße, während die russischen Polizisten herangestürmt kamen und ebenfalls anfingen zu schießen.

„Komm schon!“, schrie Frank und riss Alf mit sich. Mit einem lauten Geschrei stürzten sich die wütenden Kollektivisten jetzt auf die Rus und prügelten mit Eisenstangen und Knüppeln auf sie ein.

Frank zog einem der Angreifer seinen Gewehrkolben durch dessen hasserfüllte Fratze und bekam einen Pflasterstein in den Rücken. Neben ihm wurde ein russischer Ordner von einer Gewehrkugel getroffen und schrie laut auf.

Tschistokjows Anhänger zogen sich zurück, einige von ihnen sprangen hinter Mülltonnen und Autos, um sich dort Deckung zu suchen. Von hinten kamen auf einmal noch mehr Kollektivisten und fielen sofort wie zornige Bestien über die Rus her. Diese gerieten langsam in Panik und viele von ihnen versuchten verzweifelt aus der Umklammerung zu flüchten. Als plötzlich auch noch Panzerwagen heranrollten und ohne jede Vorwarnung das Feuer eröffneten, brach jede Ordnung zusammen und Tschistokjows Demonstranten stoben voller Entsetzen auseinander.

Frank sprang blitzartig hinter einem brennenden Auto hervor und wehrte einen Gegner ab. Nach seinem gezielten Schlag taumelte der Kollektivist nach hinten und Frank stach ihm mit seinem Dolch in den Hals. Blut spritzte ihm ins Gesicht und der Mann sank keuchend zu Boden.

„Komm! Weg hier!“, brüllte Bäumer und feuerte auf einen Pulk herannahender Polizisten. Sie rannten in Richtung Südstadt und versuchten, die anderen Ordner wieder zu formieren, doch es gelang ihnen nicht. Die meisten rannten nur noch um ihr nacktes Leben und versuchten durch die engen Seitengassen zu entwischen.


Beutewelt IV (S. 69-72)


„Fast 20 Millionen Menschen haben sich mittlerweile in „Europa-Ost“ schon mit einem implantierten Scanchip registrieren lassen. In England sind es schon fast 68% der Bevölkerung, in Nordamerika sind es bereits über 100 Millionen...“

„Aha? Weiter!“, sagte der Weltpräsident barsch.

Sein Sekretär, Mr. Morris, sah kurz mit unterwürfiger Miene auf und fuhr dann mit seinem Bericht fort.

„In Deutschland sind es nur 16 Millionen...bisher!“

„In Frankreich sind es jetzt etwa 20 Millionen...“

„In Italien sind es...“

„Gut! Das reicht!“, fiel der Vorsitzende des Weltverbundes seinem Sekretär mürrisch ins Wort.

„Ja, Herr Weltpräsident!“, gab der grauhaarige Mann zurück.

„Es ging im Jahre 2034 zügig los. Jetzt stagniert die Massenregistrierung gewaltig!“, donnerte der Politiker und stand von seinem Bürostuhl auf.

„Ich kann mir das nicht erklären, Herr Weltpräsident!“, stammelte Morris.

„Das müssen Sie auch nicht, denn das ist nicht Ihre Aufgabe! Sie müssen sich gar nichts erklären können!“

„Ja, Herr Weltpräsident!“

„Der Implantationschip ist der Schlüssel zur vollkommenen Herrschaft. Und nur Macht und Herrschaft sind die Dinge auf der Welt, die wirklich Bedeutung für uns haben“, erklärte das Oberhaupt der Weltregierung und tigerte durch sein luxuriös eingerichtetes Büro.

„Die Medien fordern die Leute doch jeden Tag mehrfach auf, sich registrieren zu lassen. Warum stagniert es dann in den letzten Monaten?“, fragte der Sekretär.

„Die freiwillige Registrierung war Stufe 1. Bald wird die zweite Stufe folgen: Die Zwangsregistrierung! Zuerst in Nordamerika und dann in Westeuropa!“, bemerkte der Weltpräsident kalt.

Mr. Morris schwieg für einige Minuten und schien zu grübeln. Nervös spielte er mit seinem Kugelschreiber herum, dann holte er tief Luft.

„Manche Leute sagen, dass die Implantationschips Nano-Giftkapseln enthalten. Sie sagen, dass man damit Menschen per Knopfdruck töten kann. Es sieht dann von außen wie ein Herzinfarkt oder so aus...“

Der Weltpräsident schwieg und hatte seinem Mitarbeiter noch immer den Rücken zugewandt. Jetzt drehte er sich langsam um und sah Mr. Morris mit finsterer Miene an.

„Wie bitte?“, knurrte er.

Morris schluckte und versuchte, freundlich zu lächeln. „Ach, nichts! Ich habe da so etwas im Internet gelesen...ich meine gehört...“

„Was haben Sie gehört, Mr. Morris?“

„Diesen Unsinn mit den Nano-Giftkapseln in den Implantationschips. Blödsinn! Verschwörungstheorien!“, sagte der Sekretär mit bebender Stimme.

Der Weltpräsident lächelte. „Warum sollte man den Menschen Implantationschips einpflanzen und dann darin Nano-Giftkapseln platzieren?“

Morris fühlte sich erleichtert, immerhin schaute sein Vorgesetzter jetzt wieder freundlicher und wirkte gelöst.

„Da hat mir tatsächlich einer vor ein paar Tagen erzählt, dass die Weltregierung Personen mit Implantationschips, die sich politisch unkorrekt verhalten, in Zukunft per Knopfdruck töten kann. Die Nano-Giftkapsel wird dann per Fernsteuerung aktiviert, verstehen Sie?“

„Das ist ja abenteuerlich, was?“, schmunzelte der Weltpräsident.

„Ja! Es gibt wirklich Spinner!“, lachte Mr. Morris.

„Würde eine humanistische und demokratische Weltregierung so etwas tun?“, fragte ihn sein Chef.

„Nein! Das ist absurd! Aber es wird immer schlimmer mit diesen Verschwörungstheoretikern im Internet. Was die alles schreiben“, meinte Mr. Morris.

„Wie lange haben Sie denn schon Ihren Implantationschip, mein Guter?“, wollte der Weltpräsident wissen und setzte ein verschmitztes Gesicht auf.

„Ich? Ich habe mich sofort registrieren lassen. Das ist doch eine tolle Erfindung. Es ersetzt den Zahlungsverkehr, den Personalausweis und so weiter. Bequemer geht es nicht!“, erklärte der Sekretär lässig.

„Und sie leben noch! Also tragen Sie auch keine Nano-Giftkapsel in sich, Mr. Morris! Ha, ha!“

Der Weltpräsident hielt sich den Bauch vor Lachen und sein Sekretär nickte zustimmend.

„Ja, das stimmt!“, kam von dem grauhaarigen Mann zurück.

„Welchen Logengrad haben Sie eigentlich mittlerweile, Mr. Morris?“

„Wie bitte?“

„Sind Sie inzwischen schon einen Grad weiter?“

Der Sekretär wirkte verwirrt. „Nein, leider bin ich noch immer im 4. Grad, Herr Weltpräsident...“

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Mr. Morris!“, sprach der Vorsitzende des Weltverbundes und klopfte seinem Diener auf die Schulter.

Dem gealterten Sekretär fehlten für einige Sekunden die Worte, gerne hätte er mit seinem Herrn noch geplaudert. Auf eine derart gelöste und persönliche Weise hatten sie sich vorher noch nie unterhalten. So nahe war er an das Oberhaupt des Weltverbundes bisher noch nicht herangekommen.

„Ich gehe dann, Herr Weltpräsident!“, murmelte Mr. Morris und klappte seinen Laptop zusammen.

„Auf Wiedersehen!“, erwiderte sein Chef und starrte ihm mit ausdrucksloser Miene hinterher.

Mr. Morris verließ den Wolkenkratzer und eilte durch die Straßen von New York City, immerhin musste er noch ein Geschenk für seine älteste Tochter kaufen, die heute Geburtstag hatte.

Der Mann feierte im Kreise seiner Familie ein wundervolles Fest und nahm seine Tochter noch einmal liebevoll in den Arm, bevor er zu Bett ging. Der in die Jahre gekommene Sekretär dachte noch kurz an das aufregende und amüsante Gespräch mit dem mächtigsten Mann der Erde, seinem Chef. Dann schlief er mit einem zufriedenen Lächeln ein.

Seine Frau fand ihn am nächsten Morgen tot in seinem Bett. Offenbar hatte er im Schlaf einen Hirnschlag erlitten. Das war allerdings nichts Ungewöhnliches, denn Mr. Morris war immerhin schon 61 Jahre alt.



Beutewelt IV (S. 197-200)


D
er Konferenzsaal im Minsker Hotel „Himmelblick“ war bis auf den letzten Platz gefüllt. Etwa 500 Personen hatten sich heute hier versammelt, zahlreiche Gruppenleiter der Freiheitsbewegung waren gekommen, weiterhin die Offiziere und Kommandeure der weißrussischen und baltischen Streitkräfte. Frank und Alfred saßen ganz vorne. Hinter ihrem Rücken tuschelten einige Russen in grauen Hemden und warteten auf  die Ankunft des Präsidenten.
Die
große Halle war über und über mit Drachenkopffahnen behängt. Riesige Flaggen hingen an den Seiten des Raumes von der Decke herab und einige Dutzend uniformierte Männer der Ordnertruppe standen ebenfalls mit Fahnen in den Händen am Eingang Spalier.
Hinter der großen Bühne, am anderen Ende des Saales, waren eine überdimensionale Drachenkopf- und eine Russlandfahne angebracht worden. Darunter befand sich ein großes Transparent mit der Aufschrift: „Sieg durch Beharrlichkeit! Russland wird leben!“

Als Artur Tschistokjow endlich die Halle betrat, wurde er von lautem Jubel begrüßt. Freundlich lächelnd schritt er langsam zum Podium, stellte sich hinter das ebenfalls mit dem Symbol der Freiheitsbewegung verzierte Rednerpult und begann mit seinen Ausführungen:


„Meine lieben Mitstreiter!
Der nächste Monat soll in St. Petersburg die Entscheidung bringen. Ich habe beschlossen, die riesige Stadt endgültig besetzen zu lassen und wir haben dazu realistische Chancen!

Unsere Feinde sind zurzeit verwirrt und müssen sich erst einmal wieder sammeln. Das gilt es auszunutzen! Wir müssen schnell handeln, bevor sie ihre Position besser ausbauen können.
Wir werden bis Ende September die größte Werbeaktion in der Geschichte unserer Organisation durchführen und dann schlagen wir zu. Ich habe mich entschlossen einen Großteil unserer Kräfte auf St. Petersburg zu konzentrieren.
Einheiten der Volksarmee der Rus, meine bewaffneten Ordertrupps, die Warägergarde und Abertausende von weiteren Rus müssen mobilisiert werden.
Wir werden die strategisch wichtigen Ziele in der Stadt einnehmen, einen Streik der uns wohlgesonnenen Arbeiter organisieren und dann die Kollektivsten entschlossen angreifen und aus St. Petersburg hinauswerfen. Das Haus der Gerechtigkeit wird eingenommen und auch sämtliche andere Zentren des Feindes. Dieser Schlag muss sitzen und er wird sitzen!“

 „Na, dann geht es ja los“, flüsterte Bäumer seinem Freund zu.
„Wir müssen es versuchen“, gab Frank zurück.

Der hagere Politiker am Rednerpult drohte mit seiner knochigen Faust und rief: „Auch auf die Gefahr hin, dass es in Russland zu einem Bürgerkrieg kommen wird, wenn wir die zweitgrößte Stadt des Landes besetzen, will ich es wagen! Wir wollen es wagen!“

„Bürgerkrieg wird es bald ohnehin geben!“, schrie ein älterer Herr durch den Saal.

Ein Haufen russischer Ordner brabbelte laut dazwischen und Artur Tschistokjow bat um Ruhe.

„Ich weiß, dass sich die meisten von uns mit Recht sorgen. Das tue ich auch, meine treuen Kämpfer! Aber wir müssen die Flucht nach vorn wagen. Uljanin und seine schwarz-roten Giftmischer werden niemals ruhen und wir dürfen es auch nicht. Das Schicksal lässt uns keine andere Wahl!

Ab morgen soll die große Werbeoffensive in St. Petersburg beginnen und der militärische Angriff wird ihr folgen. Wenn es uns gelingen sollte, diese Metropole einzunehmen, dann ändern sich die Machtverhältnisse in Westrussland endgültig zu unseren Gunsten. Dann haben wir eine starke Festung, ein Bollwerk! Vergesst das nicht!

Der Zeitpunkt ist günstig, die GCF hat Russland fast vollständig geräumt, um ihren kollektivistischen Pseudorevolutionären, ihren Mördergehilfen, nicht mehr im Weg zu stehen. Wir wissen auch, wer hinter dieser Teufelei steckt. Lasst uns unserem Volk die Freiheit und dieser Höllenbrut das Schwert bringen!“

Der  Rebellenführer redete sich noch eine Stunde lang heißer, dann löste er die Versammlung auf. Die Vorgehensweise war jetzt von ihm unmissverständlich festgelegt worden.

Alf besuchte seine Freundin an diesem Abend noch einmal und fuhr am nächsten Morgen mit Frank und den Warägern nach Norden. Sie begannen mit ihrer Arbeit.


 
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