Roman "Beutewelt VI - Friedensdämmerung" (Leseprobe)
Beutewelt VI (S. 4-6)


Mit einem verhaltenen Gähnen ließ sich Frank auf dem Sofa im Wohnzimmer nieder. Müde sah er aus dem Fenster, dann lehnte er den Kopf zurück und schloss für einen Moment die Augen. Kohlhaas fühlte sich vollkommen ausgelaugt und erschöpft, seine Glieder waren schwer wie Betonpfeiler und er sehnte sich schon wieder nach Schlaf, obwohl er bereits den halben Tag im Bett verbracht hatte.
„Ich trinke ein Bier und schaue ein wenig fern. Dann lege ich mich wieder auf`s Ohr“, dachte sich der General. Frank griff nach der Fernbedienung auf dem Wohnzimmertisch.
Seine Frau Julia kam kurz ins Zimmer; sie lächelte. „Aber bei dem einen Bier sollte es heute auch bleiben, Schatz“, sagte sie.
„Bier beruhigt“, brummte Frank.
„Schon gut, aber bitte achte darauf, nicht zu viel zu trinken, ja?“, gab Julia zurück.
„Mein Arzt sagt, dass ich Ruhe brauche. Der hat mir deshalb `ne Menge Bier verschrieben“, meinte Kohlhaas mit einem müden Grinsen.
„Was für ein Arzt?“ Sie verdrehte die Augen.
„Wenn ich einen hätte, dann würde er mir wohl Bier verschreiben“, merkte Frank an.
„Klar, Herr General!“ Julia drückte ihm einen Kuss auf die Wange und ging wieder aus dem Raum heraus. „Ich bin mal kurz im Dorf unterwegs“, rief sie, um dann das Haus zu verlassen.
„Ja, bis gleich…“, murmelte Frank kaum hörbar vor sich hin, während er den Fernseher einschaltete und apathisch ins Leere glotzte.
„Russland wäre zum Ausgangspunkt einer weltweiten Kollektivierung geworden, ein Alptraum, den man kaum in Worte fassen kann. Es ist allein der Freiheitsbewegung zu verdanken, dass dieser letzte, tödliche Schlag gegen unser Volk verhindert worden ist. Die beiden Mordinstrumente, Kapitalismus und Kollektivismus, mit denen die Logenbrüder Russland und Europa angegriffen haben, haben wir ihnen aus den Klauen gerissen. Die internationalen Völkervergifter sind an Artur Tschistokjow und am Widerstandsgeist des russischen Volkes gescheitert.
Was noch an kollektivistischer Organisation übrig ist, das werden wir in naher Zukunft restlos zerschlagen haben. Der Nationenbund der Rus wird zum gesunden Herzen eines neu belebten Europa werden. Dieses Herz hat jetzt zu schlagen begonnen…“
Frank schaltete um und stieß ein genervtes Stöhnen aus, die schmetternde Stimme eines Funktionärs der Freiheitsbewegung verstummte. Inzwischen gab es nur noch fünf Fernsehprogramme, die zusammen das von den Rus kontrollierte Staatsfernsehen bildeten.
„…die größte Arbeitsoffensive in der Geschichte der Menschheit! So nannte Regionalleiter Karow die Aufbaumaßnahmen der revolutionären Regierung unseres Volksführers Artur Tschistokjow. Rund um Smolensk wurden in den letzten zwei Wochen gleich vier neue Maschinenwerke eröffnet. Regionalleiter Karow beurteilt die Situation…“
Ungehalten trommelte Kohlhaas mit den Fingerspitzen auf der Platte des Wohnzimmertisches herum, während er erneut umschaltete. Das blasse Gesicht eines jungen Mannes mit rotblondem Haar erfüllte den Bildschirm. „Ich war drogenabhängig, hatte keine Ausbildung, keine Arbeit, überhaupt nichts. Ich war verloren, wie so viele junge Russen und Ukrainer. Zuerst hatte ich in meiner Verzweiflung bei den Kollektivisten Halt gesucht, doch da hatte ich schnell gemerkt, dass Uljanin ein Lügner war. Die schwarz-roten Verbrecher versuchten, uns zum Hass auf unser eigenes Volk anzustacheln. Das konnte nicht der richtige Weg sein, das ist mir dann irgendwann klar geworden. Und eines Tages, ja, da sah ich ein Video über Artur Tschistokjow im Internet. Es war wie ein Geistesblitz, ich kann es nur schwer beschreiben. Als hätte mir eine höhere Macht die Augen geöffnet. Alles wurde mir auf einmal klar, meine Bestimmung…“
Der Bildschirm wurde wieder schwarz, die Fernbedienung landete mit einem leisen Klackern auf dem Wohnzimmertisch.
„Ich will nichts mehr davon hören!“, brummelte der General in sich hinein.
Frank öffnete die Bierflasche und nahm einen kräftigen Schluck. Er genoss das kühle Nass, das seine Kehle hinunterlief. Die Flasche leer saufen und dann einfach weiter pennen, dachte er sich. Den Fernseher ausgeschaltet lassen, all den Mist verbannen. Endlich Frieden – das wäre wundervoll.


Seite 109-112

„Er hat alles mit sich machen lassen und sich fast wie ein Hund unterworfen. Ich habe gestern mit dem japanischen Außenminister Mori telefoniert und auch dieser hat mir berichtet, dass er inzwischen starke Zweifel an Arturs Bündnistreue hegt“, erzählte Wilden dem russischen Wirtschaftsminister Dr. Gugin mit zurückhaltender Stimme, während sich jener verstört umschaute.
„Das hat er gesagt?“, fragte Dr. Gugin verdutzt.
„Ja, aber ich kann ihn verstehen. Artur hat den Nationenbund bereits mit 300 Milliarden Globes beim Global Bank Trust verschuldet und offenbar hat er vor, sich noch mehr Geld von den Logenbrüdern zu leihen. Wohin gehen diese riesigen Summen?“

Der grauhaarige Russe machte den Anschein, als ob ihn diese Frage beunruhigte und erwiderte: „Herr Wilden, dieses Geld wird zum Teil für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Russlands verwendet, für den Bau eines neuen Verkehrsnetzes oder ähnliche Dinge.“
Wilden fixierte den Wirtschaftsminister mit seinen stechenden, blauen Augen. „Und wo geht der andere Teil des Geldes hin?“
Dr. Gugin stockte. Dann sah er sich noch einmal um, damit er sicher gehen konnte, dass niemand ihr Gespräch belauschte.

„Herr Wilden…“, wisperte er.
„Wohin geht der Rest des Geldes?“, hakte der Deutsche nach.
„Ich darf darüber mit niemandem sprechen.“
„Verdammt, Herr Dr. Gugin! Wir sollten innerhalb des Kabinetts mit offenen Karten spielen. Wir haben doch nicht die Revolution in Gang gebracht, um uns jetzt gegenseitig etwas vorzumachen, oder?“, flüsterte der Außenminister.
„Es wurden etwa 171 Milliarden Globes in die Wirtschaft des Nationenbundes investiert…“, erklärte der Minister leise.
„Und der Rest?“
„Der ist auf streng geheime Konten gewandert und diese überwacht Tschistokjow persönlich.“
„Es sind 129 Milliarden Globes auf irgendwelche Geheimkonten geflossen?“, rief Wilden erbost.
„Seien Sie still, Herr Außenminister! Nicht so laut!“, ermahnte ihn Dr. Gugin und suchte die Umgebung erneut nach unerwünschten Mithörern ab.
„Und Artur verwaltet diese Konten ganz allein?“
„Ja, nur er kennt die Codes. Er hat das Geld mehr oder weniger einfrieren lassen. Ich bin sicher, dass er sich noch weitere Summen bei den internationalen Banken leihen wird.“
„Was?“, fauchte Wilden aufgebracht.
„Ja, das hat er jedenfalls angedeutet“, sagte Dr. Gugin und schluckte.
„Was zum Teufel will Artur denn mit diesem Geld? Warum leiht er sich überhaupt etwas bei diesen Verbrechern und macht sich damit von ihnen abhängig? Und warum investiert er es nicht in die russische Wirtschaft und den Aufbau, wenn er es schon hat?“
„Ich weiß es nicht, Herr Außenminister.“
„Diese Schweine haben ihn längst gekauft. Wir haben es doch in den letzten Monaten gesehen, wo sein revolutionärer Geist geblieben ist. Und wir haben es bei den ganzen Gesprächen und Verhandlungen erlebt, wie sie ihn mittlerweile vor sich her schieben und er sich auf jede ihrer Forderungen einlässt.“
„Sie haben ja Recht, Herr Wilden“, stöhnte Dr. Gugin betrübt.
„Das ist nicht mehr der Artur Tschistokjow, der Weißrussland befreit und den russischen Bürgerkrieg gewonnen hat. Er ist eine Marionette der Logenbrüder geworden.“
„Das sind sehr schwere Vorwürfe, Herr Wilden.“
„Es ist aber so!“, schnaubte der Deutsche.
„Vielleicht schätzen wir Artur aber auch falsch ein“, gab Dr. Gugin zu bedenken.
„Falsch einschätzen? Was gibt es denn da falsch einzuschätzen? Er macht in letzter Zeit alle Fehler, die man in seiner Position nur machen kann. Irgendwann gliedert er den Nationenbund der Rus wieder dem Weltverbund an und…“
„Jetzt übertreiben Sie aber, Herr Wilden!“, fuhr ihm Dr. Gugin in die Parade. Er schien langsam wütend zu werden. „Artur baut Russland zu einem blühenden Land und zu einer Weltmacht auf…“
„Wenn er seine Seele verkauft, dann nützt das alles auf Dauer nichts. Die Logenbrüder haben in der Vergangenheit die Nationen Europas und auch den Rest der Welt unterwandert und vergiftet. Dieses alte Spiel wiederholt sich gerade vor unseren Augen. Sie wollen keinen Frieden mit uns, sie wollen in Ruhe aufrüsten und uns von innen heraus schwächen. Das wissen Sie doch, Dr. Gugin.“
„Ja, natürlich, Herr Wilden!“
„Und wenn wir schwach genug sind, werden sie Russland und alles was uns lieb und teuer ist, für immer niederbrennen und auslöschen!“, donnerte der Außenminister.
„Sicherlich haben Sie nicht ganz Unrecht…“, antwortete Dr. Gugin seinem langsam vor Zorn errötenden Gesprächspartner. Dieser holte indes ein Buch aus seinem Aktenkoffer und blätterte hastig darin herum.
„Mit den Kräften der Völkerzersetzung können wir nicht verhandeln, denn während sie von Vertrauen reden, denken sie daran, uns im Schlaf zu erdrosseln. Unser Kampf läuft auf einen finalen Konflikt hinaus, in dem der Mensch Europas und auch sämtliche andere Menschen dieser Erde an eine Weggabelung kommen werden: Der eine Weg führt in die Hölle der ewigen Sklaverei und des Untergangs, während der andere Weg das Menschengeschlecht zu Freiheit und Aufstieg leitet.
Mit den Weltvergiftern kann es daher auch keinen Frieden geben. Es werden auf Dauer nur wir oder sie weiterexistieren können. Und ich bin entschlossen, meinen Weg niemals zu verlassen. Ich habe den Propheten des Zerfalls einen kompromisslosen Kampf angesagt, der erst mit meinem Tod enden wird.“
Dr. Gugin schwieg, denn er wusste, woraus diese Zeilen stammten. Sie waren aus Artur Tschistokjow Werk „Der Weg der Rus“….






 
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