Roman "Das aureanische Zeitalter II - Im Schatten des Verrats" (Leseprobe)

Das aureanische Zeitalter II (S. 4-8)

Juan Sobos, der reiche Grundherr aus dem Norden von Braza und Oberhaupt der Optimatenfraktion im Senat von Asaheim, der Hauptstadt des Goldenen Reiches von Terra, betrachtete einige Mosaike an der Wand des Badehauses, das er heute in Begleitung seines politischen Mitstreiters, Senator Lupon von Sevapolo, aufgesucht hatte.

Dichter, wohlriechender Dampf hüllte das speckige Gesicht des Großgrundbesitzers ein. Der untersetzte Mann schnaufte und erhob sich von einer kleinen Holzbank, während er den Blick seinem Fraktionskollegen zuwandte.

„Ich bin noch immer erstaunt, wie einfach das alles gewesen ist, Juan!“, sagte Lupon von Sevapolo und schob ein selbstherrliches Lächeln hinterher.

Sein Gegenüber nickte. „Ja, ich auch, wenn ich ehrlich bin. Credos Platon ist von uns wie ein hilfloser Wurm zertreten worden und bald wird man ihn wieder vergessen haben. Jetzt kommt es aber darauf an, auch den Rest seiner Gefolgsleute hier auf Terra zu entmachten.“

„Eine Aufgabe, die der neue Oberstrategos Antisthenes von Chausan sicherlich gerne in Angriff nehmen wird, nicht wahr? Man sagt, dass er die aureanische Kaste und alles wofür sie steht, regelrecht hasst!“, flüsterte Lupon von Sevapolo und blickte sich um, als wollte er sichergehen, dass niemand der anderen Besucher des Badehauses etwas von dem brisanten Gespräch mitbekam.

„Der gute Antisthenes! Ja, er hasst die aureanische Kaste, obwohl er selbst ein halber Aureaner ist. Aber eben nur ein halber, ein Bastard. Im Grunde hasst er sich selbst, würde ich sagen. Wie auch immer, ich werde ihm die notwendigen Befugnisse geben, mit Hilfe der Legionen notfalls jeden Widerstand mit Gewalt zu brechen. Antisthenes ist skrupellos und in sich zerrissen vor lauter Neid und Wut auf die noch bestehende Ordnung. Das macht ihn zu einem idealen Werkzeug für unsere Ziele, mein lieber Lupon“, munkelte der Optimatenführer.

„Aber werden die Legionen denn jemanden als ihren Oberstrategos anerkennen, der kein reiner Aureaner ist?“, fragte Lupon von Sevapolo zweifelnd.

„Sei unbesorgt! Das gehört alles zur neuen Epoche, die mein Werk sein wird. Mit der Zeit werden wir jeden Legaten durch einen uns ergebenen Mann ersetzen!“, bekräftigte der Grundherr.

Sobos` Fraktionskollege trottete in Richtung des Schwimmbeckens davon, wobei sein massiger Körper, der nur mit einem weißen Handtuch bedeckt war, wie ein Mehlsack auf zwei dünnen Beinen durch den milchigen Dampf schwankte.

Der Anführer der Optimaten folgte ihm und glitt, nachdem er sich seiner Toga entledigt hatte, in das kühle Wasser. Lupon von Sevapolo schwamm einige Bahnen durch das kleine Schwimmbecken und lehnte sich dann an den Rand. Juan Sobos kam zu ihm herüber und winkte ihn zu sich.

„Noch etwas! Clautus Triton ist verschwunden! Man hat ihn bisher noch nirgendwo ausfindig machen können!“, zischelte der Optimatenführer leise.

„Ach?“

„Offenbar hat sich der alte Mann denken können, dass wir ihn als Sicherheitsrisiko betrachten“, schob Sobos nach.

Sein Parteifreund strich sich die Schweißperlen von der Stirn und starrte gehässig durch die Dampfschwaden, die über der Wasseroberfläche davonzogen.

„Er ist also untergetaucht?“

„So sieht es aus! Triton muss unbedingt gefunden werden. Diese Aufgabe überlasse ich einer Person, die auf so etwas spezialisiert ist“, erklärte Sobos.

„Was soll der alte Mann denn schon noch ausrichten? Er wird in ein paar Jahren ohnehin sterben“, meinte Lupon von Sevapolo.

Der Grundherr aus Braza schüttelte den Kopf und schob seine wulstige Unterlippe nach oben.

„Unterschätze Triton nicht! Der Alte ist seit Jahrzehnten mit allen Spitzfindigkeiten der großen Politik vertraut und weiß eine Menge Dinge, die nicht an die Öffentlichkeit kommen dürfen. Er muss gefunden werden!“, knurrte Sobos.

„Vielleicht hast du Recht, Juan. Immerhin unterhält Triton vermutlich nach wie vor engen Kontakt zu einigen altaureanisch gesinnten Senatoren in Asaheim.“

Der Optimatenführer kniff die Augen zusammen und antwortete: „Die Altaureaner im Senat sind eine aussterbende Spezies auf Terra. Sie sind führerlos und schon bald werden sie nur noch belächelte Relikte einer untergegangenen Ära sein. Kein Aswin Leukos, kein Clautus Triton und auch keiner dieser Feiglinge wird sich uns in den Weg stellen können. Die alte Ordnung besteht doch nur noch aus Phrasen und Mythen. Niemand wird im Ernstfall mehr bereit sein, etwas für sie zu opfern. Sie wird zerfallen, denn ihre Zeit ist abgelaufen.“

„Viele Aureaner glauben allerdings weiterhin, dass Imperator Credos Platon ermordet worden ist, Juan!“, bemerkte Lupon von Sevapolo.

„Das ist doch uninteressant. Diese Gerüchte werden bald verflogen und vergessen sein, wenn sie nicht von einer bekannten Person wie Triton eines Tages wieder angeheizt werden“, flüsterte der Optimatenführer durch den Dampf und setzte eine ernste Miene auf.

„Glaubst du wirklich, dass die Milliarden Aureaner auf Terra und in den Kolonien uns irgendwann glauben werden, dass Credos Platon eines natürlichen Todes gestorben ist?“, wollte der Senator wissen.

Sein Gegenüber drehte sich ihm zu. „Natürlich glaube ich das. Wir kontrollieren bald wieder sämtliche Simulations-Transmitter-Netzwerke im gesamten Goldenen Reich und werden verkünden, dass der Imperator aufgrund von Herzversagen dahingeschieden ist, und wir werden das so lange wiederholen, bis es jeder glaubt!“

Lupon von Sevapolo wirkte nicht ganz überzeugt und kratzte sich am Kinn.

„Der Geist der breiten Masse ist klein und träge. Die ständige Wiederholung einer Lüge macht diese irgendwann zur Wahrheit“, dozierte Sobos.

„Dann gibt es da ja auch noch Aswin Leukos…“, brummte sein Fraktionskollege.

„Der General wird Terra niemals mehr wiedersehen. Dafür werde ich sorgen. Bald wird er an der Tafel seiner verehrten Ahnen im Jenseits sitzen, dieser altaureanische Narr! Aber dieses Thema besprechen wir besser zu einem anderen Zeitpunkt“, sagte Sobos.

„Doch zurück zu Clautus Triton. Wie sollen wir ihn denn finden?“, lenkte Lupon von Sevapolo ein.

„Überlasse das mir! Der gleiche Todesengel, der den Imperator selbst schon besucht hat, wird auch seinen ehemaligen Berater über kurz oder lang ausfindig machen. Triton wird sich auf Dauer nirgendwo verstecken können. Ich habe das bereits in die Wege geleitet“, versicherte das Oberhaupt der Optimaten.

Der befreundete Senator klopfte ihm auf die Schulter und grinste hämisch.

„In einer Woche wird dich der Senat zum Archon ernennen. Daran wird auch der alte Triton oder sonst wer nichts mehr ändern können!“

Der Großgrundbesitzer grinste noch hämischer zurück, stieß sich sanft vom Beckenrand ab und glitt wie eine besonders fette Robbe durch das Wasser.

„Clautus Triton wird einer von vielen sein, die meinen Amtsantritt nicht überleben werden!“, wisperte Juan Sobos durch den Wasserdampf.


S. 129-134

Rubinrote Laserstrahlen und gleißende Explosionen erleuchteten den Raum rund um die Ultimus. Aswin Leukos war noch immer vollkommen verstört und wirkte wie vom Blitz getroffen. Seine Flotte war diesen seltsamen Kriegsschiffen direkt in die Falle gegangen und immer enger zog sich die Schlinge, die ihr die Feinde um den Hals gelegt hatten. Warum dies alles geschah, konnte sich Leukos nicht erklären, allerdings war diese Frage in jenen Sekunden unwichtig, denn ein furchtbarer Geschosshagel prasselte auf die Schlachtkreuzer seines Verbandes hernieder.
Die feindlichen Schiffe spuckten ganze Schwärme von Raumjägern aus, die zuerst über die Virtus herfielen. Verzweifelt versuchten die Flugabwehrgeschütze des Kreuzers der Wolke aus angreifenden Jägern Herr zu werden, doch sie waren chancenlos. Innerhalb kürzester Zeit brachen die Schutzschilde der Virtus unter dem massiven Beschuss zusammen und das unglückliche Sternenschiff wurde von Laserlanzen zerschnitten.

„Die…die…Virtus bricht auseinander! Sie wird explodieren…“, stammelte Leukos und konnte seine Augen nicht von der schrecklichen Szenerie abwenden.

„Wir müssen uns zurückziehen, sonst werden sie uns vollständig einkreisen und keiner von uns wird hier mehr lebend rauskommen!“, brüllte einer der Flottenoffiziere und schüttelte den Oberstrategos. „Habt Ihr das gehört, Herr?“

„Ja, geordneter Rückzug! Sofort!“, schrie dieser und hielt sich den Kopf.

Nach und nach verstummten die Schreie, welche die Ultimus von der zerbrechenden Virtus über das Vox-Netzwerk erreichten. Neben dem Flaggschiff der Flotte verging ein weiterer Versorgungskreuzer in einer riesigen nuklearen Explosion und Trümmerstücke wurden gegen die Außenhülle der Ultimus geschleudert. Das Schlachtschiff schwankte und die Männer auf der Kommandobrücke purzelten durcheinander.

Die verbliebenen Raumkreuzer unter Leukos` Befehl versuchten jetzt ihren Häschern irgendwie zu entkommen und feuerten dabei aus allen Rohren. An eine Änderung der Flugrichtung war allerdings nicht ohne weiteres zu denken, denn dafür war die Geschwindigkeit der Schiffe nach wie vor noch zu hoch.

Ein schwerer Treffer schüttelte die Kommandobrücke der Ultimus durch und ein greller Plasmablitz erhellte den Bereich über dem großen Außenfenster oberhalb des Offiziersdecks. Einige Flottenbedienstete wurden gegen die metallischen Wände geworfen und blieben stöhnend auf dem Boden liegen. Kurzzeitig fiel die Beleuchtung aus, während die holographischen Bildschirme erloschen. Nach einigen Minuten hatten die Flottenoffiziere die Situation allerdings wieder halbwegs im Griff.

„Das kam von dem Kreuzer in Quadrant 314, seht selbst!“, schrie einer der Raumobservatoren und zerrte Leukos zu seinem Monitor.

Der Oberstrategos schnaufte und zuckte zusammen, als er einen Verband feindlicher Raumjäger über den Kommandoturm fliegen sah.

„Wir müssen durch diesen Bereich! Wie viele Novatorpedos haben wir?“, wollte Leukos wissen.

Irgendwo im unteren Bereich des Schiffes musste eine Laserlanze durch den Schutzschild geschlagen sein und hatte ein Loch in die Außenhülle des Kreuzers gerissen, wie ein aufgeregter Maat über das Vox-Netzwerk mitteilte.

Leukos redete weiter auf den Flottenoffizier vor sich ein und ignorierte die Nachricht. „Wie viele Novatorpedos haben wir?“

„Wollt Ihr auf diese geringe Entfernung wirklich Novatorpedos einsetzen, Herr?“

„Ja! Wie viele haben wir?“

„Das ist Wahnsinn, Oberstrategos!“

„Bei Malogor! Wie viele haben wir?“

„Die Polemos hat 5 Novatorpedos an Bord, aber auf diese Distanz gefährden wir uns damit selbst, Herr!“, jammerte der Offizier verängstigt.

„Schießen Sie diesen Kreuzer in Stücke! Das ist ein Befehl!“, brüllte Leukos.

Mit einem Murren gab der Flottenoffizier die Anweisung an die Geschützcrews weiter, während der Oberstrategos die immer größer werdenden Punkte auf dem Monitor betrachtete und die Ultimus weitere Treffer einstecken musste. Erneut erzitterte das gewaltige Schiff unter dem Beschuss.

„Feuern Sie endlich!“, schrie der General in Richtung der Flottenoffiziere und kurz darauf rasten zwei Novatorpedos auf den angreifenden Kreuzer zu. Wenige Sekunden später detonierten die Geschosse in einem gigantischen Lichtblitz und verursachten eine furchtbare Zerstörung. Das feindliche Schiff wurde von der Explosion ergriffen und implodierte daraufhin, als hätte man ihm die Innereien herausgesaugt. Die Wucht der Energieentladung warf auch die Ultimus aus ihrer Flugbahn und die Deckmannschaft wurde über die halbe Kommandobrücke geschleudert. Leukos wischte sich einen Rinnsaal Blut von der Stirn und richtete sich schnaufend wieder auf. Einige Männer blieben auf dem Boden liegen und jammerten vor Schmerzen.

Entschlossen raste der Schlachtkreuzer durch das entstandene Loch in der feindlichen Flottenformation und eine weitere Lasersalve ließ seine schwankenden Schutzschilde aufheulten.

„Wir haben einen schweren Treffer am Heck abbekommen!“, schallte es aus dem Transmitter vor Leukos` Nase.

Jetzt nahmen gleich mehrere gegnerische Schiffe die Ultimus in die Zange und eine Reihe weiterer Detonationen erhellte den Bereich über dem Kommandoturm. Warnleuchten blinkten auf und die Angehörigen des Flottenpersonals schrieen panisch durcheinander. Mit letzter Kraft versuchte der Schlachtkreuzer den Klauen seiner Gegner zu entkommen. Schwärme von Raumjägern setzen ihm nach, während Laser- und Plasmafeuer das Flagschiff erneut ins Wanken brachte.

„Die Xanthia ist explodiert! Diese Schweine setzen jetzt auch Novatorpedos ein!“, brüllte einer der Raumobservatoren und sah hilfesuchend in Leukos` Richtung.

Schließlich ergossen sich die feindlichen Jäger wie ein Heuschreckenschwarm über den hinteren Teil der Ultimus und überschütteten das Heck des Schlachtschiffs mit Plasmaraketen. Kurz darauf implodierte einer der Reaktoren des verwundeten Kreuzers und riss ein klaffendes Loch in dessen Außenhülle.

„Die werden uns erledigen, Herr!“, wimmerte ein kreidebleicher Legat und versuchte sich hinter einer Konsole zu verstecken.

Aswin Leukos schwieg und musste mit ansehen, wie die Männer auf der Kommandobrücke langsam die Nerven verloren und in Panik gerieten. Fünf feindliche Kreuzer und zahlreiche Jäger hatten die Ultimus verfolgt und inzwischen fast eingeholt. Nun verließ eine weitere Salve von Plasmatorpedos und Laserlanzen die gegnerischen Schiffe, um der Ultimus den Todesstoß zu versetzen.

„Schutzschilde kollabieren! Antriebsschaden!“, vernahm Leukos von der Seite.

„Evakuieren! Bringt mich zu meinem Gleiter! Die Ultimus ist verloren“, brüllte der Oberstrategos und hastete von der Brücke. Einige seiner Legaten folgten ihm in die Tiefen des Schiffs.

Schweißgebadet und keuchend rannte der Feldherr mit seinen ranghöchsten Offizieren, darunter auch Throvald von Mockba, durch die Korridore in Richtung der Hangars. Um ihn herum krachte und grollte es, als die Ultimus langsam aber sicher in Fetzen geschossen wurde. Schreiende Legionäre und flehende Männer und Frauen des Schiffspersonals kamen Leukos in den überfüllten Gängen des todgeweihten Stahlriesen entgegen, doch er konnte nichts mehr für sie tun. Jeder von ihnen musste selbst zusehen, dass er sich irgendwie eine Möglichkeit verschaffte, von diesem sterbenden Titanen zu entkommen.

„Alle Schiffe, die das hier überstehen, sollen sich bis zum Raumsegment Sol-819 durchschlagen!“, sendete Leukos noch an die Admiräle der anderen Schiffe seiner kleinen Flotte. Dann sprangen er und seine ranghöchsten Legaten in einen Gleiter, der sofort ins All hinausschoß. Einige verdutzte Raumjäger versuchten ihn abzufangen und schickten ihm ein paar Feuerstöße aus den Bordwaffen hinterher, doch dann wandten sie sich wieder der untergehenden Ultimus zu. In einem verzweifelten Kampf fiel das stolze Riesenschiff unter den zahllosen Hieben seiner Feinde und Leukos wusste, das es für den Kreuzer keine Rettung mehr gab.

Sein Gleiter jagte durch den Raum, um im allgemeinen Chaos der Schlacht ein befreundetes Schiff ausfindig zu machen. Die Virtus und die Xanthia waren inzwischen zerstört worden, ebenso alle kleineren Eskortkreuzer der Flotte. Die dunklen Wracks der Schiffe trieben wie ausgebrannte Galeeren durch das All, während jenseits ihrer lichtlosen Gerippe noch immer die Kämpfe tobten.

Glücklicherweise waren einige der Lictor Schlachtschiffe einer vollständigen Umklammerung durch die Feinde entkommen. Aswin Leukos schnaufte in seine Atemmaske, während die übrigen Offiziere mit weit aufgerissenen Augen nach draußen starrten, wo immer wieder Blitze zuckten und Explosionen die Dunkelheit für einen Augenblick erhellten.

„Ich nehme Kontakt mit der Lichtweg auf. Wenn wir Glück haben, kann sie uns noch aufnehmen!“, rief Leukos.

Während er diese Worte sprach, verging die Ultimus in einer letzten, gewaltigen Explosion und zerschellte in tausend Stücke.


S. 153-158

Die Nachricht, dass sich die Polemos vor irgendwelchen fremden Raumschiffen aus der Umlaufbahn von Colod zurückgezogen hatte und in den Weltraum geflüchtet war, hatte sich im Verlauf des gestrigen Tages und der unruhigen Nacht wie ein Lauffeuer von einer Kohorte zu nächsten verbreitet. Panik und Verzweiflung waren über die Legionäre gekommen, die sich inzwischen in einigen Straßenzügen der Ruinenstadt verschanzt hatten. Es war Mittag, was bedeutete, dass es einigermaßen hell war. Zumindest so hell, dass man mit bloßen Augen den Horizont sehen konnte. In der vorausgegangenen Nacht hatten sich die Nichtmenschen erneut nicht gezeigt und es dabei belassen, ihre abscheulichen Kriegsgesänge über die eisige Ebene erschallen zu lassen. Das hatte auch vollkommen ausgereicht, um die Legionäre, die jetzt wussten, dass sie die rettende Polemos im Stich gelassen hatte, noch mehr zu demoralisieren. Aus der Erkundungsmission auf einem unbedeutenden Eisplaneten war innerhalb von Stunden ein blutiger Kampf um das nackte Überleben geworden.
Inzwischen konnten die Soldaten die Konturen von unzähligen Außerirdischen, die sich am Horizont versammelten, ausmachen. Flavius konnte vor Angst kaum noch atmen und hatte sich hinter einigen Mauerresten verkrochen. Kleitos, dessen aufgeregtes Schnaufen unter dem metallischen Gesichtsschutz nicht zu überhören war, wirkte ebenfalls völlig verzweifelt.

Nach einer Weile hatte sich eine große Anzahl der fremden Kreaturen zusammengerottet und die Wesen rückten unter wildem Geschrei langsam vor.

„Woooah!“, gellte es aus Tausenden von Kehlen zu den Männern der 562. Legion herüber, während Zenturio Sachs selbst Anweisungen brüllte und die Soldaten Position bezogen.

Zwischen den kriegslüsternen Bestien tauchten nun auch einige Konstrukte auf, die im Entferntesten an die Kampfläufer der terranischen Streitkräfte erinnerten. Die furchterregenden Maschinen schwangen metallisch glänzende Klauen und Zangen, die erwartungsvoll auf und zu schnappten. Princeps zuckte bei ihrem Anblick zusammen und bemühte sich, die Nerven zu behalten.

„Ruhig, Männer! Denkt daran, dass wir diese Biester töten können!“, dröhnte es aus dem Helmlautsprecher.

Die Außerirdischen wurden jetzt noch zahlreicher und immer neue Schwärme von ihnen schlossen sich der brüllenden Horde an. Lauter und lauter wurde das wahnsinnige Geschrei, bis es schließlich zu einer blutrünstigen Kakophonie wurde.

„Die schweren Blaster und die Raketenwerfer konzentrieren ihr Feuer auf diese Maschinendinger!“, ordnete Manilus Sachs an.

Langsam kamen die grünhäutigen Wesen näher und schwangen ihre brutalen Nahkampfwaffen. Einige von ihnen brüllten etwas, das sich wie Hohn und Spott anhörte, wobei sie mit ihren langen Armen ruderten, als ob sie die Menschen zum Kampf herausfordern wollten.

„Wir werden hier nicht sterben!“, flüsterte Kleitos.

Flavius antwortete seinem Freund nicht und versuchte seine hastige Schnappatmung irgendwie unter Kontrolle zu bringen. Dann sah er, wie sich ein riesenhafter Nichtmensch vor die Masse der feindlichen Krieger stellte und einige seiner Artgenossen zur Seite schubste. Für einige Minuten schritt er vor seinen Kämpfern auf und ab, während er ein kehliges Geschrei von sich gab.

„Woooah!“, brüllte die Bestie schließlich und die anderen Wesen erwiderten seinen Schrei in ohrenbetäubender Lautstärke. Dann stürmten die Aliens wie eine todbringende Flutwelle heran.

Rötliche Salven aus Blasterfeuer und ratternde Rotationsgewehre empfingen die angreifende Horde. Zahlreiche Nichtmenschen wurden getroffen und purzelten in den Schnee, doch das verminderte die Wucht ihres wütenden Ansturms nicht. Als die Aliens nahe genug an die Stellungen der Menschen herangekommen waren, begannen sie zurück zu feuern. Energieblitze und zischende Projektile antworteten dem Beschuss der Legionäre.

Panisch hastete Flavius eine vereiste Betonmauer entlang und hielt mit dem Blaster auf die vorrückenden Feinde. Irgendwo hinter ihm detonierte ein Geschoss und wirbelte eine gewaltige Dreckfontäne auf. Schreie halten in seinen Ohren wider und ein Teil der Betonmauer wurde von einer unbekannten Waffe pulverisiert.

„Woooah!“, dröhnte es von jenseits der Ruinenhäuser, während die Kreaturen immer näher kamen und sich auch von dem verzweifelten Abwehrfeuer der Legionäre kaum beeindrucken ließen. Princeps sah, wie eine Salve von Plasmabällen zwischen den grünhäutigen Bestien einschlug und viele von ihnen in Stücke riss. Doch die Aliens stürmten weiter vor und schienen durch den Beschuss nur noch wütender zu werden. Glücklicherweise wurden zwei der bizarren Kampfläufer, die sich auf die von Flavius und seinen Kameraden gehaltene Stellung zubewegten, von den Raketenwerfern in die Luft gejagt. Die übrigen Maschinen der Aliens wankten derweil in Richtung anderer Ziele.

Blutgierig und vom Tode ihrer Artgenossen unberührt, griffen die ersten Außerirdischen schließlich die Legionäre in ihren Stellungen an. Sie durchsiebten die Menschen mit den fremdartigen Geschossen ihrer Waffen oder hackten sie mit ihren Beilen nieder. Princeps wich mehrere Dutzend Meter zurück und hielt mit dem Blaster auf alles, was ihm zu nahe kommen wollte.

Kleitos hatte sich seinen Schild vor das Gesicht geschoben und schleuderte ein Pilum, das inmitten der Außerirdischen explodierte. Neben Flavius war jetzt eines der Wesen über eine Mauer geklettert und hatte dem Legionär vor sich das Schild aus der Hand geschlagen. Mit einem zufriedenen Knurren hackte die Grünhaut den Menschen zu Boden, um danach vor Flavius` Blaster ihr Leben auszuhauchen. Umso mehr Aliens die Stellungen der Terraner erreichten, umso blutiger wurde der Kampf auf kurze Distanz. Hier waren die berserkerhaften Bestien den Menschen weit überlegen und so wurden die Legionäre bald von allen Seiten bedrängt.

„Formation halten! Dritte und vierte Linie, Schilde hoch!“, brüllte Manilus Sachs aus vollem Halse.

Die Nichtmenschen waren derweil nahe genug herangekommen, um wie eine rasende Büffelherde in den Schildwall der Legionäre zu krachen. Hunderte von ihnen waren bereits im Feuer von Terras Elitekriegern gefallen, doch die Außerirdischen waren in einem solchen Blutrausch, dass sie nicht zurückwichen.

„Woooah! Gorzag!“, hörte Flavius neben sich, als ein Alien seine sichelartige Waffe aus dem blutüberströmten Rücken eines toten Legionärs zog und nun auf Princeps` Schild eindrosch. Der Rekrut ging durch die viehische Wucht des Schlages in die Knie und taumelte schließlich zu Boden. Ein gleißender Blitz zischte an seinem Helm vorbei und schlug in der Mauer hinter ihm ein. Die Kreatur holte indes zu einem weiteren Hieb aus und beugte sich über den unglücklichen Soldaten, als ihr Hinterkopf von einem Blasterschuss weggerissen wurde.

Keuchend kroch Flavius durch den Schnee, während Zenturio Sachs aufgeregte Stimme durch den Vox-Transmitter hallte. Die Menschen zogen sich zurück, während die Aliens unablässig angriffen und alles in ihrem Weg niedermetzelten.

Princeps robbte in Richtung einer Häuserruine und hoffte, dass ihn die wütenden Bestien nicht bemerkten. Dann kauerte er sich in eine dunkle Ecke und wartete. Jenseits des zerfallenen Hauses versammelten sich kurz darauf zahlreiche grünhäutige Kreaturen, die ein lautes Triumphgebrüll von sich gaben, als sie sahen, dass die Menschen zurückwichen. Nach einer Weile begannen die Wesen damit, Rüstungsteile und Helme der toten Legionäre als Trophäen aufzusammeln, wobei sie sich in ihrer fürchterlich klingenden Sprache unterhielten.

„Mor snik yan grod!“, grunzte eines der Aliens und schnitt einem toten Menschen die Hand samt Panzerhandschuh ab. Dann zeigte er sie seinen Artgenossen, die sich darüber zu amüsieren schienen. Schließlich heftete das Wesen die Hand wie einen Talisman an seine Brust. Flavius wagte kaum noch zu atmen, als er das sah und kroch noch tiefer in den Schnee.

Langsam wurde der Kampfeslärm in den Nebenstraßen leiser und die Kreaturen machten sich daran, die Ruinenstadt wieder zu verlassen. Eigentlich hätten sie die Menschen diesmal vollständig vernichten können, doch offenbar genossen sie es, sie langsam zu zermürben und nicht alle auf einmal zu töten.

„Wollen sie sich uns noch für weitere Kämpfe aufsparen? Lieben sie den Krieg so sehr?“, grübelte Princeps und spähte nach draußen.

„Ich warte, bis es dunkel wird und schlage mich dann zu den anderen durch“, sagte er leise zu sich selbst und hoffte, auch diesen Tag zu überleben.


S. 170-173

Seit drei Tagen waren die Nahrungsmittelvorräte der Männer so gut wie aufgebraucht und noch immer hatte niemand auf die zahllosen Notrufsignale reagiert, die Zenturio Sachs ins All gesendet hatte. Müde und lethargisch verharrten die Männer der 562. Legion, dieser klägliche Rest, der noch von ihr übrig geblieben war, in der gewaltigen Lagerhalle.
Sie dösten vor sich hin, schliefen auf ihren Schilden oder drängten sich wie frierende Tiere zusammen, denn die meisten Thermostrahler waren inzwischen fast ausgebrannt. Auch die alten Heizvorrichtungen der Lagerhalle waren längst nicht mehr zu gebrauchen, nichts funktionierte mehr, denn das ganze Energienetzwerk von Tanath war offenbar schon vor einigen Jahren zerstört worden.

Diese finstere Halle unter der trostlosen Geisterstadt würde auch ihr Grab werden, da waren sich die meisten der Legionäre sicher. Zenturio Sachs selbst schien kaum noch Hoffnung zu haben und starrte immer wieder auf seinen Kommunikationsboten – doch dieser schwieg.

Flavius und Kleitos schwiegen ebenfalls und die Verzweiflung hatte sich ihrer Geister bemächtigt. Princeps, den der Hunger mit jeder verstreichenden Stunde schlimmer quälte, dachte an seine Eltern und Geschwister. Seine Neffen und Nichten würde er niemals richtig kennenlernen. Ihr Onkel würde lediglich als verschollener Soldat des Goldenen Reiches in die Analen der Princeps-Sippe eingehen. Vielleicht würde man irgendwann bei einem Familientreffen über ihn sprechen und den Kindern erzählen, was er doch für ein tapferer Legionär gewesen war.

Doch hier unten, umgeben von hoffnungslos verlorenen Kameraden und schneidender Kälte, gab es nur noch wenig Raum für Soldatenpathos. Hier regierten Hunger und Tod.

Fast alle Verwundeten der letzten Kämpfe mit den Nichtmenschen, die man von der Hügelkette mühsam hier in die Halle gebracht hatte, waren inzwischen gestorben. Wer ernsthaft verletzt worden war, der war verloren, denn es gab so gut wie keine medizinische Versorgung mehr und auch kaum noch Medikamente. Zwanzig Medici hatten die Truppe nach Colod begleitet, vier davon waren noch am Leben und kümmerten sich inzwischen in erster Linie um sich selbst. Von den etwa 4800 Legionären, die Leukos nach Colod geschickt hatte, waren mittlerweile kaum noch 1000 übrig.

Flavius biss auf seinen in einen Schutzhandschuh gehüllten Zeigefinger und bemühte sich, das bohrende Hungergefühl zu unterdrücken. Seine Zehen schmerzten vor Kälte und der junge Mann fürchtete, dass sie bald abgefroren sein würden. Die Thermoaggregate seiner Rüstung spendeten nur noch wenig Wärme, zu wenig, um noch lange durchzuhalten.

Was mochten seine Eltern gerade tun? Sprachen sie vielleicht gerade jetzt über ihn? So viele Billionen Kilometer von diesem Eisplaneten entfernt in ihrem sonnendurchfluteten, warmen Wohnzimmer.

Princeps stieg in Gedanken die Treppe in sein altes Kinderzimmer hinauf. Er stellte sich vor, dass er mit einem warmen, dampfenden Tee in der Küche am Tisch saß und aus dem Fenster hinab auf die Straßen von Vanatium blickte. Schwärme von Gleitern vor einem blauen, wolkenlosen Himmel konnte man von dort aus beobachten. Wie schön es doch damals gewesen war.

Schließlich öffnete Flavius seinen Kommunikationsboten und versuchte eine Nachricht an seine Eltern zu verfassen, wobei es ihm schwer fiel, sich vor Hunger zu konzentrieren. Sicherlich würde das der letzte Brief seines kurzen Lebens sein und wenn dieser in einigen Jahren auf Terra ankam, falls er nicht einfach irgendwo verloren ging, würde er längst tot sein.

Der junge Mann bedankte sich bei seinen Eltern für all die Liebe und Hingabe, die sie ihm geschenkt hatten, und betonte noch einmal, wie sehr er es bedauerte, dass alles so gekommen war. Sein Leben war verpfuscht, sinnierte Flavius, und versank ganz in einem Ozean des Trübsaals.

„Noch immer nichts!“, war die knappe Durchsage von Zenturio Sachs, der die Legionäre stündlich darüber informierte, ob sich jemand auf seine Funksignale gemeldet hatte.

Kaum jemanden schien das noch zu interessieren. Die Soldaten hatten nichts anderes erwartet und lungerten weiter in der nur noch von wenigen Lichtquellen erhellten Lagerhalle herum.

Kleitos hatte sich wieder auf seinen breiten Schild aus Flexstahl gelegt und döste vor sich hin. Man hörte ihn unter dem Visier leise schnarchen. Flavius nahm seinen Helm für einen kurzen Augenblick ab und verzog sein Gesicht als er die grausame Kälte spürte. Dann betrachtete er seinen schlafenden Freund und sah lächelnd auf ihn herab.

„Hier geht es zu Ende, mein Guter!“, flüsterte er ihm zu und widmete sich schließlich wieder seinem Brief.

Auf einmal schreckte er auf. Irgendwo über ihm, an der eisigen Oberfläche, hatte jemand einen markerschütternden Schrei ausgestoßen. Jetzt folgte ein rhythmisches Stampfen und Poltern. Princeps konnte sich denken, was das zu bedeuten hatte. Sie waren wieder da und wussten offenbar, wo sich der Rest der Terraner versteckt hielt…

S. 205-207

„Das hier ist also alles, was uns letztendlich bleibt, Morian“, meinte Magnus Shivas und blickte sich in dem schwach beleuchteten Gewölbe um, das vor vielen Jahrhunderten in den Fels des Lavarmassivs getrieben worden war.
Der Kommandant seiner Leibwache, ein hünenhafter Soldat mit nur noch einem Auge, sah seinen Herrn mit betretener Miene an.

„Ja, es sieht ganz danach aus, Exzellenz!“, antwortete er verbittert.

„Postiert Eure Männer in der Nähe des Hauptportals. Sie sollen Tag und Nacht die Augen offen halten“, wies Shivas seinen Getreuen an.

„Das werde ich tun, Herr!“, erwiderte dieser und verschwand kurz darauf in einem dunklen Gang.

Der geflohene Statthalter ging davon und stieg eine lange Treppe hinab in ein tiefergelegenes Stockwerk der Festung. Er durchschritt einen langen Korridor, um zur nächsten Halle zu gelangen, während zahlreiche Legionäre an ihm vorbeihuschten. Überall hatten sich Scharen von Soldaten in den dunklen, modrig riechenden Unterkunftsräumen und Gewölben des riesigen Bunkersystems niedergelassen und warteten. Einige von ihnen schleppten schwere Metallkisten voller Nahrungswürfel, Waffen und Munition vor sich her.

Das war das Innere von Nivelberg, dieses alten Bollwerks, das im Schutze der Felsen des Lavarmassivs lag. In dem Netzwerk aus Stollen, Korridoren und Hallen roch es wie in einer Gruft und viele der hier lagernden Soldaten fürchteten, dass dieser Ort auch genau das sein würde, wenn Poros` Armee angerückt war und ihren Belagerungsring um die Festung gelegt hatte.

Sie konnten hier eine Weile aushalten, denn Nivelberg war Thracans mächtigste Trutzburg, doch ewig würden sie den Feind nicht aufhalten können.

Mit trauriger Miene zog sich der entmachtete Statthalter in einen kleinen Lagerraum voller Container und Kisten zurück, um sich in eine finstere Ecke zu setzen. Niemand sonst war hier und so blieb Shivas mit seinen Gedanken allein. Draußen auf dem Gang brüllte ein Hauptmann irgendwelche Befehle, während das laute Schnaufen seiner Männer, die zentnerschwere Vorratsbehälter schleppten, zu hören war.

„Wie ein verstoßener Hund hocke ich hier!“, zischte Shivas mit verbissenem Gesichtsausdruck in sich hinein und ballte die Faust in der Tasche.

„Das ist der Dank für ein ehrbares Leben im Dienste des Goldenen Reiches. Man stößt einem den Dolch in den Rücken. Poros! Dieser verfluchte Verräter! Er muss das von Beginn an geplant haben“, grollte der ergraute Adelige und sein Blick verfinsterte sich.

„Herr, wir haben die Autokanonen eingeschaltet und auf automatisches Feuer programmiert“, schallte es jetzt aus dem Sprechgerät an Shivas` Hals.

„Ja, gut so!“, murmelte der Thracanos leise und schaltete den kleinen Vox-Transmitter ab.

Schließlich stand der weißhaarige Mann auf, strich sich über sein staubiges Gewand und lief wieder hinaus auf den Gang. Einige der Soldaten salutierten unverzüglich als sie Shivas sahen, doch dieser beachtete sie nicht und trottete gedankenversunken an ihnen vorbei.

„Komm schon, Poros! Auch wenn wir auf Dauer untergehen, so werde ich dir so viel Widerstand wie nur möglich leisten. Mein Thracan werde ich dir nicht einfach überlassen, denn dafür verlange ich von deinen Lakaien Blut! Viel Blut!“, sagte Shivas zu sich selbst und fühlte wie ein grimmiger Hass durch seine Adern strömte.


 

 
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